Bayern entscheidet sich gegen die Grundschrift

Der Freistaat Bayern entscheidet sich auf der Grundlage eines Erprobungsversuchs gegen die Nutzung der Grundschrift im Bereich der Primarstufe. Zugelassen wird jedoch mit dem LehrplanPLUS neben der bisher verwendeten Vereinfachten Ausgangsschrift auch die Nutzung der Schulausgangsschrift (SAS) in der Grundschulstufe ab dem Jahrgang 2015/2016.

„Bei der Frage der "richtigen" Schreibschrift eröffnet Bayern den Schulen die Möglichkeit, zwischen der Vereinfachten Ausgangsschrift und der Schulausgangsschrift zu wählen.“ (zitiert nach https://www.km.bayern.de/eltern/meldung/2744/grundschule-neuer-lehrplanplus-genehmigt.html) (link zum bayerischen LehrplanPLUS)

Über Schreibfertigkeiten verfügen Die Schülerinnen und Schüler schreiben anfangs eine unverbundene Schrift (Druckschrift). Sobald sie motorische Sicherheit und Routine im Lesen und Schreiben erlangt haben, erfolgt die Einführung einer verbundenen Schrift (Vereinfachte Ausgangsschrift oder Schulausgangsschrift), mit der Schreibtempo und Schreibflüssigkeit erhöht werden. Für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf gelten die Regelungen in den entsprechenden Lehrplänen..“ (zit. n. Quelle: http://www.lehrplanplus.bayern.de/fachprofil/grundschule/deutsch) (link zum LehrplanPLUS Deutsch)

Für den Bereich der Förderschulen ist ebenfalls das Erlernen einer verbundenen Schrift vorgesehen:

„Ausgangsschrift ist die Druckschrift, da sie im Alltag als gängige Schriftart verwendet wird. Sie kann für viele Schülerinnen und Schüler die endgültige Form des Schreibens darstellen. Als verbundene Schriftarten bieten sich die Lateinische oder die Vereinfachte Ausgangsschrift an. Letztere ist leicht erlernbar. Sie ähnelt in ihrem Aussehen der Druckschrift, verfügt über einen vergleichbaren Aufbau und erfordert im Bewegungsablauf nur wenige Richtungswechsel. Auf die Darstellung eines Lehrgangs für die Schreibschrift wird verzichtet, da er analog zur Druckschrift durchgeführt werden kann.“ (zit. nach Auszug aus dem Lehrplan Deutsch für Förderschulen. S. 155; Quelle http://www.isb.bayern.de/download/8637/deutsch.pdf) (zit. n. Quelle: http://www.isb.bayern.de/download/8637/deutsch.pdf) (link zum Lehrplan für die bayerischen Förderschulen)

Durchgeführt wurde der Erprobungsversuch in Bayern mit 301 grundschriftschreibenden Schülern der Jahrgangsstufen 1 und 2 (aus insgesamt 18 Klassen). Durch die zweijährige Erhebungsphase konnten Schriftvergleiche in den Jahrgangsstufe 2 und 3 durchgeführt werden, da auch 57 Schülern (aus insgesamt drei Klassen) einbezogen wurden, welche nach der Druckschrift in der 1. Klasse in Klasse 2 die Vereinfachte Ausgangsschrift (VA) erlernt hatten.

Speck-Hamdan et al. fassen die Ergebnisse des Schriftvergleichs wie folgt zusammen:

„Beim Vergleich der beiden Ausgangsschriften ergeben sich keine signifikanten Unterschiede in der zweiten Jahrgangsstufe, weder bezüglich der Geläufigkeit (NIV: Grundschrift: M = 1.58, SD =0.66; VA: M = 1.61, SD = 0.56) noch des Tempos (Frequenz: Grundschrift: M = 2.83, SD = 0.73; VA: M = 2.74, SD = 0.69). Diese Tendenz bestätigt sich in der dritten Jahrgangsstufe sowohl für die Geläufigkeit der Schrift (Grundschrift: M = 1.38, SD = 0.72; VA: M = 1.34, SD = 0.30) als auch für das Schreibtempo (Grundschrift: M = 3.32, SD = 0.77; VA: M = 3.41, SD = 0.80). Die Streubreite in den VA-Klassen ist ähnlich groß wie in den Grundschriftklassen. Insgesamt lässt sich bezüglich der Flüssigkeit der Ausgangsschriften kein signifikanter Unterschied feststellen, wobei die geringe Anzahl von VA schreibenden Klassen und Schüler/innen ebenso einen Einfluss auf die Ergebnisse haben kann wie die noch nicht vorhandene Routine der Lehrpersonen bei der Einführung der "Grundschrift".“ (zit. n. Speck-Hamdan et al., 2016, S. 187)

Da sich noch nicht einmal in der zweiten Klassenstufe, in der die VA-Schreiber ja erst in die verbundene Schreibweise eingeführt wurden, relevante Ergebnisunterschiede zeigen, entpuppt sich der Werbeslogan des Grundschulverbandes "damit Kinder besser schreiben lernen" ein weiteres Mal als substanzloses Wunschdenken und heiße Luft.

Literatur



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