Unwahre Aussagen von Prof. Brügelmann (3). Vorsätzliche Falschinformation als strategisches Ziel

In dem nun folgenden Artikelabschnitt wird abschließend auf verbleibende tendenziöse und unkorrekte Ergebnisdarstellungen im mittlerweile zweimal überarbeiteten Artikel von Prof. Brügelmann (2015d: Von der Druckschrift zur persönlichen Handschrift, Version vom 11.07.2015) eingegangen.

1. Argumente und Argumentationslogik versus strategisches Pseudoargumentieren

Professor Brügelmann stellt als Erwiderung zu meiner zweiten Stellungnahme zu seinem Artikel folgende Vermutung an:

„Auch Herrn Tauberts zweite Stellungnahme zu meinem Beitrag zeigt, dass er dessen Argumentationslogik nicht verstanden hat. Er suggeriert, ich wolle die generelle Überlegenheit der Druckschrift beweisen, was die Untersuchungsergebnisse aber nicht hergäben. Das tun sie in der Tat nicht (s. in meinem Text S. 3, wo ich die forschungsmethodischen Einschränkungen ausführlich darstelle).“ (zit. n. Brügelmann, 2015e)

Zu dieser Einschätzung von Brügelmann ist anzumerken, dass sich meine Analysen zunächst mit der inhaltlichen Korrektheit seiner Aussagen und Darstellungen von Studienergebnissen befassen. Es geht mir also um eine Bewertung der Qualität und Belastbarkeit der von ihm angeführten Argumente. Meine bisherigen Analysen weisen Brügelmann eine unsolide wissenschaftliche Veröffentlichungspraxis nach. Dies ist für sich genommen schon bedauerlich genug, wird jedoch dadurch besonders problematisch, da Professor Brügelmann für sich in Anspruch nimmt, Lehrkräften auf verantwortungsvolle Art und Weise wissenschaftliche Sachverhalte zu vermitteln (vgl. hierzu Brügelmann, 2015e, S. 6). Diesem Anspruch wird er durch die hohe Anzahl von fehlerhaften Aussagen und tendenziösen Interpretationen jedoch nachweislich nicht gerecht. Damit verbleibt dann in den kritisierten Punkten als Hauptzweck seiner Ausführungen eine primär strategisch motivierte, den Leser über Sachverhalte fehlinformierende Pseudoargumentation ohne belastbare Datenbasis.

Es wurde meinerseits ja bereits in zwei vorlaufenden Kapitel auf Fehler, Unwahrheiten und unzureichende Überarbeitungen in den jeweiligen Artikelversionen Brügelmanns hingewiesen (welche teilweise von ihm berichtigt wurden), weshalb sich das Fazit in vier Abschnitte unterteilt:

  1. Weiterhin offene Fragen zu bisher getätigten tendenziösen Ergebnisinterpretationen (Kapitel 2)
  2. Tendenziösen Ergebnisdarstellungen und eine weitere Ergebnisfälschung in Brügelmanns Darstellung der Studie von Graham et al. (1998) (Kapitel 3)
  3. Zur Ergebnisfälschung bei der Darstellung der Studie von Speck-Hamdan et al. (2016) (Kapitel 4)
  4. Abschließende Bewertung (Kapitel 5)

2. Unzureichend beantwortete Fragen zu tendenziösen Ergebnisinterpretationen

In einem weiteren Artikel nimmt Brügelmann (2015e) zu den von mir geäußerten Kritikpunkten an seinen Ergebnisinterpretationen Stellung. Diesen Artikel stellt er interessierten Personen jedoch nur auf Anfrage zur Verfügung, weshalb interessierten Lesern angeraten wird, sich diesen bei ihm anzufordern.

2.1 Die Darstellung der Studie von Kimmins (1916) durch Brügelmann

2.1.1 Wie begründet Prof. Brügelmann bei der Darstellung der Untersuchung von Kimmins (1916) die Angabe von 2000 Untersuchungspersonen, die für diese Untersuchung unkorrekt ist?

Brügelmann kommt zu folgendem Schluss:

„Die Gesamtstichprobe ist in meinem Beitrag korrekt angegeben, auf eine Aufschlüsselung nach Schrift- bzw. Altersgruppen wurde aus Platzgründen verzichtet. (...) Ich habe mich in meinem Beitrag (nicht "anscheinend", sondern) ausdrücklich bezogen auf Sekundärliteratur, nämlich auf die folgende Tabelle (Buchstaben pro Minute) in dem Überblick von Bradley (1998) über eine Vielzahl von Studien (...):“ (zit. n. Brügelmann 2015e, S. 2)

Da Brügelmann darauf beharrt, die Menge von 2000 Untersuchungspersonen (Upn) korrekt angegeben zu haben, ist es ausgeschlossen, dass sich seine Beschreibungen auf die Untersuchung von Kimmins (1916) mit insgesamt 4594 Upn beziehen, die er als Studienbeleg in Tabelle 1 (vgl. Brügelmann, 2015d: 2) wie auch in seinem Literaturverzeichnis anführt. Somit verbleibt als Erklärung nur, dass keine Deckungsgleichheit zwischen der von ihm ebenfalls angeführten Sekundärliteratur (Bradley 1998), seiner inhaltlichen Darstellung und der zitierten Originalstudie besteht. Brügelmann muss an dieser Stelle unkorrektes wissenschaftliches Arbeiten bescheinigt werden.

2.1.2 Wie begründet Prof. Brügelmann bei der Darstellung der Untersuchung von Kimmins (1916), die fehlende Angabe über nur 186 untersuchte Druckschriftschreiber gegenüber einer Vergleichsgruppe von 4408 Schreibschriftschreibern?

Brügelmann (2015e) kommt zu folgender Einschätzung: "Dass die Druckschrift-Gruppe kleiner ist als die Schreibschrift-Gruppe, ist methodisch irrelevant für einen Vergleich." (ebd.: 2). Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, dass erhebliche Größenunterschiede bei zu vergleichenden Stichproben die Zuverlässigkeit der Messung (Reliabilität) bei der kleineren Stichprobe erheblich stärker in Frage stellen, da sich systematische Stichprobenfehler nur unzureichend ausmitteln. Über dieses statistische Grundwissen verfügt auch Professor Brügelmann, da es in diesem Fall die Verläßlichkeit der Ergebnisse für die Druckschriftschreiber stärker in Frage stellen würde, scheint er es lieber auszublenden.

2.1.3 Wie begründet Prof. Brügelmann, dass er bei der Wertung der Untersuchung von Kimmins (1916) nicht darauf eingeht, dass die Vorteile für das Schreiben der Druckschrift in den Alterstufen 11 und 12 nicht mehr gegeben sind und er die Untersuchung von Kimmins in seiner tabellarischen Auflistung nicht mit +/- wertet?

Brügelmann entgegnet hierauf mit einem Zitat aus Jackson (1971), der wiederum eine Vermutung von Kimmins zur Geschwindigkeitsangleichung bei älteren Schüler anführt, die dahin geht, dass die älteren Druckschriftschreiber möglicherweise zu wenig Übungspraxis mit der Druckschrift aufwiesen, um einen Geschwindigkeitsvorteil erreichen zu können. Brügelmann übernimmt diese Hypothese, erhebt sie aber zugleich in den Rang einer "Erklärung":

„Die Abweichungen der Werte älterer Schüler/innen in einigen Auswertungen lassen sich also erklären - wieder ein Hinweis darauf, dass die Zahlen nicht für sich sprechen, sondern mit Bezug auf die jeweiligen Unterrichts- und Untersuchungsbeidngungen [sic! G.T.] interpretiert werden müssen, wie ich in meinem Text mehrfach betont habe.“ (zit. n. Brügelmann, 2015e, S. 4)

Wenn Brügelmann jedoch auch noch etwas oberhalb und unterhalb der von ihm angeführten Zitatstelle bei Jackson (1970) weitergelesen hätte, so wäre er auf einen Forschungsstand gestoßen, bei dem eher eine leichter Vorteil zugunsten des verbundenen Schreibens für Schüler höherer Klassenstufen auszumachen ist. Verschiedene dort aufgeführte Autoren (Turner (1930); Leavitt / Lewis (1953); Voorhis (1931); Hildreth (1945)) betonen, dass Geschwindigkeitsvorteile der Druckschrift bei jüngeren Kindern nicht zwangsläufig bei ältere Schülern/Erwachsenen weiterbestehen. Exemplarisch sei hier Hildreth (1960) angeführt, deren Forschungsüberblick neben Ergebnissen von Kimmins auch eine geraume Anzahl weiterer Untersuchungen umfasst. Sie beschreibt den Forschungsstand, dass sich in höheren Klassen vergleichbare Schreibgeschwindigkeiten angleichen. Für starke Differenzen in der Schreibgeschwindigkeit macht sie neben individuellen Faktoren beim Schreiber vorrangig die Qualität des Schreibunterrichts und die Dauer des Übens als Haupteinflussgrößen aus und ausdrücklich nicht den verwendeten Schriftstil.

„The conclusion from all the evidence is that there is no significant difference in rate in the styles of writing when experience and practice are comparable for upper grade students. However, there still remain wide differences in individual rate of writing at all age levels, conforming to the general principle of trait variability in all motor skills and achievements, even with comparable instruction and learning effort. These facts suggest, that rate of handwriting is more closely allied to quality of instruction, duration of practice, and traits of the writer, than to the particular style of writing.“ (zit. n. Hildreth, 1960: 9)

Die obige Zitatstelle von Hildreth verdeutlicht, dass Brügelmanns Nichtberücksichtigung der sich angleichenden Schreibgeschwindigkeiten bei Schülern höherer Klassenstufen (auf welche Untersuchung von Kimmins er sich angesichts seines Zitierfehlers nun auch gerade beziehen mag) keineswegs dem zeitlich auf Kimmins nachfolgenden Stand der Forschung entspricht. Vielmehr ist von einem stabilen Effekt hinsichtlich der Angleichung von Schreibgeschwindigkeiten in der wissenschaftlichen Literatur auszugehen. Dementsprechend ist auch die Nichtbeachtung dieses Sachverhaltes bei der Ergebnisdarstellung von Brügelmann weiterhin als tendenziös und zweifelhaft einzustufen. Besonders pikant ist seine Aussage auch vor dem Hintergrund, dass er sich in seinem Artikel auch auf die Studie von Graham et al. (1998) bezieht, die für die beiden stärker individualisierten Schriftstile "überwiegend Druckschrift" und "überwiegend Schreibschrift", die mit zunehmender Individualisierung der Handschrift besonders in höheren Klassenstufen vorkommen dürften, ebenfalls kein statistisch bedeutsamer Geschwindigkeitsunterschied festgestellt werden konnte. Daher verzichtet Brügelmann in seiner Ergebnisdarstellung wohl auch lieber auf die Darstellung dieses Sachverhaltes (siehe dazu unten Kapitel 3.1).

Zu einem ähnlichen Erkenntnisstand wie Hildreth (1960) kommen auch Speck-Hamdan et al. (2016) für jüngere Schüler beim Vergleich der Vereinfachten Ausgangsschrift und der Grundschrift in 2. und 3. Klassen:

„Die graphomotorischen Fähigkeiten der Schüler/innen verbessern sich zwar von Jahr zu Jahr, aber die schreibmotorische Entwicklung der Kinder ist am Ende der dritten Jahrgangsstufe noch nicht abgeschlossen. Die schriftbezogenen Unterschiede sind nicht signifikant, was darauf hindeutet, dass andere, unterrichtsbezogene Merkmale eine wichtigere Rolle bei der schreibmotorischen Entwicklung spielen als die Ausgangschrift.“ (zit. ebd. S. 187)

2.2 Brügelmanns unzureichende Antwort zur Wertung von Lesbarkeit bei Jackson (1971)

Die an Brügelmann gestellte Frage lautete wie folgt:

Wie begründet Professor Brügelmann angesichts eines von Jackson (1971) selbst als hochwahrscheinlich angesehenen Untersuchungsartefakts und eines ansonsten marginalen Zeitunterschiedes bei der benötigten Lesezeit durch Juroren seine Wertung als geklammertes Plus (+) für die für Lesbarkeit bei der Studie von Jackson in seiner tabellarischen Übersicht?

Brügelmann scheint die Frage nicht angemessen verstanden zu haben, denn er erwidert nur:

„Da die Unterschiede in beiden Maßen zur Lesbarkeit statistisch nicht signifikant waren, sind sie in der Tabelle nur als Tendenz gewertet: der [sic!] Vorteil für die Druckschrift ist sichtbar eingeklammert.“ (zit.n. Brügelmann, 2015e: 4)

Mit dieser Aussage wiederholt Brügelmann die meinerseits angezweifelte Wertung, ohne diese jedoch schlüssig zu begründen. Wenn das Behaupten einer „Tendenz“ für Brügelmann bedeutet, jeglichen noch so zweifelhaft zustande gekommenen Mittelwertunterschied trotz deutlichen Hinweisen auf einen systematischen Erhebungsfehler überdauernd für bedeutsam zu erklären, dann wird er seinem verkündeten Anspruch, dass „ (...) Zahlen nicht für sich sprechen, sondern mit Bezug auf die jeweiligen Unterrichts- und Untersuchungsbeidngungen [sic! G.T.] interpretiert werden müssen (...)“ (zit. n. Brügelmann, 2015e, S. 4) wohl nur dann gerecht, wenn es ihm persönlich genehm ist, nicht aber dann, wenn er nachvollziehbar auf eine hochwahrscheinliche Fehl- bzw. Überinterpretation aufmerksam gemacht wird. In der Weiterführung seines Textes verliert Brügelmann dann den inhaltlichen Faden und argumentiert zunehmend wirr, da er anscheinend meine Ausführungen über die marginalen Unterschiede bei den benötigten Lesezeiten mit einer Aussage über anlassabhängig variierende Schreibgeschwindigkeiten von Druckschriftschreibern zu beantworten sucht. Seine Ausführungen stehen in keinen inhaltlichen Zusammenhang zur Ausgangsfragestellung und auch nicht zu der hinterfragten Studieninterpretation von Jackson (1971). Deutlich wird jedoch, dass Brügelmann weiterhin entschlossen ist, eine Zeitdifferenz von 0,67 Sekunden (Gesamtlesezeit Verbundene Schrift 22,93 Sek.; Gesamtlesezeit Druckschrift: 22,26 Sek.; vgl. Jackson, 1971, S. 64) beim Erlesen handschriftlich verfasster Textabschnitte zu einem tendenziellen Lesbarkeitsvorteil der Druckschrift hochzustilisieren und in seiner Überblickstabelle als geklammertes Plus zu werten. Nach welchen Kriterien Brügelmann entscheidet, eine Mittelwertsdifferenz von 0,67 Sekunden als qualöitativen Vorteil zu werten, bleibt von ihm weiterhin unbeantwortet.

2.3 Einbezug der "Studie" von Marquardt et al. (1996)

Die an Brügelmann gestellte Frage lautete:

Wie begründet Prof. Brügelmann die Einbeziehung der "Studie" von Marquardt et al. 1996 und die Bewertung in Form eines Plus in der Kategorie Schreibdruck in seiner Tabelle?

Nachdem Brügelmann in drei Unterkapiteln meinerseits auf eine ganze Reihe von nicht auflösbaren Unklarheiten bei der nie veröffentlichten "Studie" hingewiesen wurde, geht er weiterhin davon aus, dass die Schwachstellen der Untersuchung ausschließlich in der geringen Anzahl von 20 Untersuchungspersonen und deren unrepräsentativer Auswahl liegen, nicht jedoch im methodisch nicht nachvollziehbaren Zustandekommen der Ergebnisse selbst. Brügelmann bezeichnet die Untersuchung nun als ″Laborstudie″ mit dem Nachteil geringer ökologischer Validität und geht davon aus, dass sie angeführt werden muss, weil es nichts anderes gäbe, kommt angesichts der qualitativen Unwägbarkeiten jedoch nicht einmal zu dem Schluss, die Studienergebnisse vorsichtigerweise nur als Tendenz zu werten. So weisen Tucha et al. (2008) zum Beispiel darauf hin, dass verschiedene Arten von abgeforderter erhöhter Aufmerksamkeit (motorische/mentale Kontrolle der Schreibbewegung, betontes Schönschreiben) immer zu einer Verringerung des Automatisierungsgrades des Schreibens führen (vgl. ebd. S. 150-153). Sämtliche dieser genannten Einflussfaktoren werden in der von Brügelmann als bedeutsam eingestuften jedoch nie veröffentlichten ″Untersuchung″ von Marquardt et al. (1996) nicht systematisch kontrolliert. Seine entsprechende Wertung in der Kategorie Schreibdruck ist daher weiterhin berechtigt in Frage zu stellen.

2.4 Die Darstellung der Studie von Morin et al. (2012) durch Brügelmann

2.4.1 Korrekturen von Brügelmann

Brügelmann korrigiert in seiner Ergebnisdarstellung von Morin et al. (2012) mehrere von ihm getätigte fehlerhafte Darstellungen und Inkonsistenzen.

„Geschwindigkeit: DRUCKSCHRIFT größte Beschleunigung über die 2. Klasse hinweg, VERBUNDENE Schrift am geringsten [langsamsten] ... “ (zit.n. Brügelmann, 2015d: Hinzufügung in eckiger Klammerdurch G. T. beinhaltet die ursprüngliche Textversion)

Kommentar: Brügelmann wollte gemäß seiner vorbehaltlichen Uminterpretationslogik eigentlich nur Zuwächse vergleichen, war aber seiner Interpretationslogik nicht gefolgt, weil es möglicherweise doch zu verlockend war, dieses einzig signifikant negative Teilergebnis zu Ungunsten des verbundenen Schreibstils besonders herauszustellen.

„Eigener Text: In der Syntax nur VERBUNDEN Zuwächse, in der Länge dagegen Tendenz zugunsten von GEMISCHT und in der inhaltlichen Qualität zugunsten von DRUCKSCHRIFT“ (zit.n. Brügelmann, 2015d)

Kommentar: Brügelmann berichtigt seine Aussage entsprechend meiner Kritik aus der Darstellung Unwahres von Professor Brügelmann (2) Kapitel 2.4.4 nachdem seine bisherige Formulierung die Ergebnislage zum Aspekt Syntax durch eine unpräzis-beschöningende Formulierung tendenziös darstellte, da aus ihr nicht hervorging, dass auschließlich der verbundene Schreibstil einen Ergebniszuwachs bei der Qualität der Syntax vorweisen konnte.

Brügelmann unterlief bei der Ergebnisdarstellung zur Wortschreibeaufgabe eine Kategorienverwechselung. Seine Korrektur gibt den Studieninhalt nun wie folgt korrekt wieder:

„Zahl richtig geschriebener Wörter: DRUCKSCHRIFT [GEMISCHT] und VERBUNDEN gleiche Zuwächse, GEMISCHT [DRUCKSCHRIFT] die geringsten; (...)“ zit. n. Brügelmann, 2015d: 7; die Hinzufügung in eckigen Klammern beinhaltet die ursprüngliche Formulierung)

Kommentar: Es erstaunt, dass Brügelmann wiederholt erst durch Hinweise von außen in der Lage ist, Fehler in seinen Veröffentlichungen zu erkennen. Dies lässt sehr klare Rückschlüsse auf eine voreingenommene und schlampig-ungenaue Veröffentlichungspraxis zu, von der keine wirklich verlässlichen Aussagen zu erwarten sind. Den selbstgesetzten Anspruch, verantwortungsvoll wissenschaftliche Inhalte darzustellen, verfehlt Brügelmann wiederholt erkennbar.

2.4.2 Brügelmanns vorbehaltliche Interpretation von Morin et al. (2012)

Die Begründung seiner individuellen Interpretationen von "Tendenzen" möchte Brügelmann den interessierten Lesern nur auf Anfrage hin zugänglich machen. Interessant für das Zustandekommen seiner Studieninterpretationen ist der einleitende Satz zur Ergebnisdarstellung von Morin et. al. (2012):

„Problem sind dabei die Basis-Werte am Anfang der zweiten Klasse: zeigen sie unterschiedliche Effekte des Schreibunterrichts / Schreibstils der ersten Klasse oder verweisen sie auf unterschiedliche Lernvoraussetzungen am Schulanfang? Unter diesem Vorbehalt gilt für die berichteten Zuwächse in Klasse 2 (...)“ (zit. nach Brügelmann, 2015d, S. 7; Hervorhebung in Fettschrift durch G.T.)

Kommentar: Dem kritischen Leser entgeht nicht, dass der von Brügelmann aufgestellte Fragesatz, von ihm nicht eindeutig beantwortet wird. Stattdessen formuliert Brügelmann "unter diesem Vorbehalt (...)" und bringt dadurch zum Ausdruck, dass er sich bei seiner Ergebnisuminterpretation ausschließlich von der Annahme leiten lässt, dass unterschiedliche Ausgangswerte in den verschiedenen Stichproben auf unterschiedliche Lernstände zurückzuführen seien. Hiermit begründet Brügelmann seine Uminterpretation der Studienergebnisse, was dazu führt, dass ausschließlich Zuwächse (Mittelwertdifferenzen) in seiner Ergebnisdarstellung berücksichtigt werden. Mit dieser Uminterpretation umgeht Brügelmann die Notwendigkeit der Darstellung von signifikanten Ergebnissen der Studie, die auch Vorteile für das verbundene Schreiben zeigt. Durch die vorgenommene Uminterpretation verändert sich das Datenniveau auf das einer Rangskala (Ordinalskala), ohne dabei die Bedeutsamkeit der Rangsabstände kritisch zu reflektieren. Hierdurch ist es nicht möglich, die Uminterpretation gegen Fehler erster Art (fälschliche Behauptung eines bedeutsamen Unterschiedes) abzusichern. Hierdurch muss Brügelmanns Ergebnisinterpretation unter einem doppelten Vorbehalt gesehen werden, wenn er, wie weiter oben in Kapitel 2.2 für die Kategorie Lesbarkeit bei Jackson (1970) aufgezeigt, sich nicht scheut, marginale Ergebnisunterschiede zu bedeutsamen „Tendenzen“ umzuinterpretieren.

3. Tendenziöse und unwahre Ergebnisdarstellung bei der Studie von Graham et al. (1998)

Auch bei der Ergebnisdarstellung der Studie von Graham et al. (1998) finden sich bei Brügelmann auffällig tendenziöse Darstellungen der Studieninhalte und auch eine weitere unwahre Behauptung über die im Folgenden informiert wird.

3.1 Brügelmanns einseitige Darstellung der Vorteilhaftigkeit eines druckschriftdominierten gemischten Schreibstils durch Auslassung von Untersuchungsergebnissen

Graham et al. (1998) unterscheiden in Ihrer Untersuchung vier verschiedene Schriftstile: reine Druckschrift, überwiegend Druckschrift mit einer Beimengung von Schreibschrift-Elementen, reine Schreibschrift, überwiegend Schreibschrift mit einer Beimengung von Druckschrift-Elementen. Brügelmann (2015d: 2) führt in seiner Tabelle 1 bei der Ergebniszusammenfassung der Studie von Graham et al. (1998) zwei Zeilen auf. In der ersten Zeile werden "Druck- vs. Schreib-Schrift" verglichen mit der Wertung von "ohne Unterschied" für die Aspekte Lesbarkeit und Schnelligkeit. Diese Wertung entspricht den Untersuchungsergebnissen von Graham et al. (1998), wenn sie ausschließlich auf reine Druckschrift und reine Schreibschrift bezogen werden. Dann lässt Brügelmann eine zweite Zeile folgen, in der er "gemischt (=teilverbunden) vs. Schreibschrift" gegenüberstellt. Er wertet in der Kategorie Lesbarkeit mit einem geklammerten Plus (+) und in der Kategorie Schnelligkeit mit einem Plus. (Die Wertung Plus bedeutet "mit Vorteilen für das (teilverbundene) Handdrucken/Grundschrift/Basisschrift". Das geklammerte Plus beschreibt in seiner Nomenklatur eine entsprechende "Tendenz".)

Über die vollständigen Ergebnisse von Graham et al. (1998) zu schriftstilabhängigen Unterschieden bei der Schreibgeschwindigkeit informiert die folgende Tabelle:

Aus Tabelle 1 wird deutlich, dass beide gemischten Schreibstile jeweils signifikant schneller geschrieben wurden als die reine Druckschrift und auch die reine Schreibschrift. Zwischen den Schreibstilen "überwiegend Druckschrift" und "überwiegend Schreibschrift" ergaben sich keine signifikanten Geschwindigkeitsunterschiede.

Die tabellarische Darstellung von Brügelmann (2015d, S. 2) lässt somit die Hälfte der dargestellten schriftvergleichenden Untersuchungsergebnisse (siehe Tabelle 1 Zeile 4 kursive Hervorhebung) unerwähnt. Auch die Schüler in der Kategorie "überwiegend Schreibschrift" schrieben signifikant schneller als Schüler mit den Stilen "reine Druckschrift" und "reine Schreibschrift", wenn auch die Effektstärken nicht ganz so hoch ausfielen (vgl. Graham et al. 1998, S. 292). Aus der Gesamtheit der Ergebnisse von Graham et al. zur Schreibgeschwindigkeit führt Brügelmann also nur diejenigen Ergebnisse in seine Tabelle an, die der Argumentationslinie zugunsten der Druckschrift entgegenkommen. Auf den durchaus bedeutsamen Rest wird im tabellarischen Überblick nicht eingegangen. Mit der gleichen Strategie des »gezielten Unerwähntlassens« zitiert Brügelmann die Studienautoren folgendermaßen:

„ (...) the students who used a combination of manuscript and cursive letters when writing were more fluent handwriters than the students, who used either manuscript or cursive exclusively.“ (Graham et al. 1998, zit. n. Brügelmann 2015d, S. 6)

Die Studienautoren präzisieren die obige Aussage jedoch noch im Folgesatz, welcher lautet:

„ This advantage was robust, occuring when mixed script was either mostly manuscript or mostly cursive.“ (zit. n. Graham et al. 1998, S. 294)

Der Nachsatz wird von Brügelmann nicht mehr angeführt, trägt aber maßgeblich zum exakten Verständnis des vorangegangenen Satzes bei, für den sich erst dadurch unmissverständlich erschließt, dass er sich auf beide gemischten Schreibstilvarianten bezieht. Hätte Brügelmann den zweiten Satz folgen lassen, wäre der Leserschaft jedoch möglicherweise aufgefallen, dass seine tabellarische Ergebnisdarstellung diesen Befund nicht aufführt. Ich werte dies als einen weiteren Beleg für die Brügelmann bereits wiederholt nachgewiesene Vereinseitigung zugunsten von Druckschrift in seinen Ergebnisdarstellungen.

3.2 Unwahre Behauptung über Vorteile von Druckschrift in der Studie von Graham et al. (1998) in der Kategorie Lesbarkeit

Dass Brügelmann vor plumpen Ergebnisfälschungen nicht zurückschreckt, zeigt seine Wertung in der Kategorie Lesbarkeit in seiner tabellarischen Zusammenfassung für die Studie von Graham et al. (1998). Er vergibt für diese Studie in ein geklammertes Plus, das in seiner Nomenklatur aufgefasst werden muss als Tendenz zu "Vorteilen für das (teilverbundene) Handdrucken/Grundschrift/Basisschrift". Er tut dies, obwohl er die Autoren wie folgt zitiert:

„Manuscript was written faster than cursive (...) and the legibility of samples classified as cursive was superior.“ (Graham et al. (1998; 295, zit n. Brügelmann 2015d: 6)

Im folgenden Unterkapitel wird angeführt, welche Sachverhalte Graham et al. (1998) in ihrer Studie tatsächlich beschreiben.

3.2.1 Lesbarkeitsbewertung bei abgeschriebenem Text

Graham et al. (1998) äußern sich folgendermaßen zu Unterschieden bei der Lesbarkeit von abgeschriebenem Text:

„Post-hoc analysis using Tukey's HSD test showed that the students who completed the copying task using mixed-mostly cursive produced handwriting of higher legibility than students who copied using mixed-mostly manuscript (p ≤ 0.5) . (...) No other significant differences were noted.“ (zit. ebd. S. 294)

Der Ergebnisüberblick zeigt einen signifikanten Vorteil von "gemischt-überwiegend Schreibschrift" gegenüber "gemischt-überwiegend Druckschrift". Sämtliche anderen Kategorien zeigen keine signifikanten Ergebnisunterschiede.

3.2.2 Lesbarkeitsbewertung beim Schreiben einer Erzählung

Graham et al. (1998) beschreiben folgende Unterschiede in der Lesbarkeit bei einer geschrieben Erzählung:

„Post-hoc analysis using Tukey's HSD test showed that the students who wrote their narratives using mixed-mostly cursive produced handwriting of higher legibility than students who wrote using manuscript, mixed-mostly manuscript, or cursive (all ps ≤ .05). (...) No other significant differences were noted.“ (zit. ebd. S. 294)

Der Ergebnisüberblick zeigt einen signifikanten Vorteil von "überwiegend Schreibschrift" gegenüber allen drei anderen Schreibstilen. Ansonsten ergeben sich keine weiteren sigifikanten Unterschiede zwischen den anderen Schriftstilen.

3.2.3 Lesbarkeitsbewertung beim Schreiben einer Erörterung

„Post hoc analysis using Tukey's HSD test showed that the students who wrote expository papers using mixed-mostly cursive produced handwriting of higher legibility than students whose papers were written in just manuscript (p ≤ 0.5). (...) No other significant differences were noted.“ (zit. ebd. S. 294)

Der Ergebnisblick zeigt einen signifikanten Vorteil von "überwiegend Schreibschrift" gegenüber "reiner Druckschrift". Es zeigen sich ansonsten keine weiteren signifikanten Ergebnisunterschiede.

3.2.4 Fazit zur Darstellung vermeintlicher Vorteile der Druckschrift hinsichtlich der Lesbarkeit

Es zeigen sich in den 3 Untersuchungskategorien zur Lesbarkeit (abgeschriebener Text, Erzählung, Erörterung) keinerlei Vorteile des reinen Druckschriftstils oder auch des Stils gemischt überwiegend Druckschrift gegenüber den beiden kursiven Schriftstilen. Auch in den absoluten Testwerten liegt der Stil überwiegend Druckschrift nur beim Schreiben der Erzählung und bei der Erörterung geringfügig über dem reinen Druckschrift-Stil, jedoch stets niedriger als beide kursiv angelegten Stile.

Die von Brügelmann in seiner Tabelle getätigte Wertung in der Kategorie Lesbarkeit mit Tendenz zu "Vorteilen für das (teilverbundene) Handdrucken/Grundschrift/Basisschrift" ist - wie oben aufgezeigt - auf keinen Fall durch die Untersuchungsergebnisse von Graham et al. (1998) gedeckt. Diese zeigen eine Überlegenheit des überwiegend kursiv ausgeführten Schreibschriftstils, was die Studienautoren so auch explizit ausführen:

„Although the handwriting speed of the students who used the two forms of mixed script did not differ statistically, narrative and copy papers with mostly cursive letters received higher overall legibility ratings than those produced with mostly manuscript letters.“ (zit. ebd. S. 295)

Die Wertung Brügelmann in der Kategorie "Lesbarkeit" (vgl. Brügelmann 2015d: 2) für die Untersuchung von Graham et. al. (1998) stellt eine Verdrehung von Studienergebnissen ins Gegenteil dar und ist als bewußte Falschdarstellung und Irreführung der Leserschaft zu werten.

4. Unwahre Aussage über Vorteile der Grundschrift bei der Schreibgeschwindigkeit in Bezug auf die Studie von Speck-Hamdan et al. (2016)

Brügelmann (2015d) führt in seinem Artikel ein unveröffentlichtes Manuscript (Speck-Hamdan, 2014) an über eine vergleichende Studie zu vereinfachter Ausgangsschrift und Grundschrift bei Zweit- und Drittklässlern. Brügelmann wertet wie folgt:

„ (...) dass aber die Grundschrift-Kinder insgesamt ein etwas höheres Tempo (nicht signifikant) erreichen, (...)“ (zit.ebd. S. 7)

In seinen Überblickstabellen findet sich dieser behauptete Befund gewertet als geklammertes Plus, was aufgefasst werden soll als Tendenz zu „Vorteilen für das (teilverbundene) Handdrucken / Grundschrift / Basisschrift“ (vgl. ebd. S. 2) in der Kategorie Schnelligkeit.

Es war mir nicht möglich, das von Brügelmann als ″graue Literatur″ angeführte Manuscript von Frau Speck-Hamdan zu beziehen, ich wurde jedoch von ihr jedoch auf eine Veröffentlichung (Speck-Hamdan et al. 2016) verwiesen, in welcher die Ergebnisse ausführlich zur Darstellung gelangen.

Speck-Hamdan et al. (2016) beschreiben einen Vergleich von Vereinfachter Ausgangsschrift und Grundschrift in den Klassenstufen 2 und 3, der im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitung der Erprobung der Grundschrift an sieben bayerischen Grundschulen im Schuljahr 2011/12 stattfand, wie folgt:

„Beim Vergleich der beiden Ausgangsschriften ergeben sich keine signifikanten Unterschiede in der zweiten Jahrgangsstufe, weder bezüglich der Geläufigkeit (NIV: Grundschrift: M = 1.58, SD = 0.66; VA: M = 1.61, SD = 0.56) noch des Tempos (Frequenz: Grundschrift: M = 2.83, SD = 0.73; VA: M = 2.74, SD = 0.69). Diese Tendenz bestätigt sich in der dritten Jahrgangsstufe sowohl für die Geläufigkeit der Schrift (Grundschrift: M = 1.38, SD = 0.38; VA: M = 1.34, SD = 0.30) als auch für das Schreibtempo (Grundschrift: M = 3.32, SD = 0.77; VA: M = 3.41; SD = 0.80). Die Streubreite ist in den VA-Klassen ähnlich groß wie in den Grundschriftklassen. Insgesamt lässt sich bezüglich der Flüssigkeit der Ausgangsschriften kein signifikanter Unterschied feststellen, wobei die geringe Anzahl der VA schreibenden Klassen und Schüler/innen ebenso einen Einfluss auf die Ergebnisse haben kann wie die noch nicht vorhandene Routine der Lehrpersonen bei der Einführung der ″Grundschrift″.“ (zit. ebd. S. 187)

Wie dem obigen Zitat entnommen werden kann, zeigten sich hinsichtlich der Geläufigkeit der Schreibbewegungen in der 2. und 3. Klasse nahezu identische Mittelwerte. Während für Zweitklässler mit Grundschrift geringfügig schnellere Schreibbewegungen ermittelt werden konnten als für Schreiber der Vereinfachten Ausgangsschrift (VA), kehrt sich dieses Verhältnis in Klassenstufe 3 um. Drittklässler erreichten mit der Vereinfachten Ausgangsschrift ein geringfügig höheres Schreibtempo als Grundschriftschreiber.

Da sämtliche Unterschiede gering sind, keine statistische signifikanten Unterschiede erreicht wurden und die Ergebnisse zur Schreibgeschwindigkeit je nach Klassenstufe uneinheitlich ausfallen, ist es nicht nachvollziehbar, wie Brügelmann (2015d) in seinen Überblickstabellen für die Untersuchungsergebnisse von Speck-Hamdan et. al (2016) ein geklammertes Plus ("mit Vorteilen für das (teilverbundene) Handdrucken / Grundschrift / Basisschrift" vgl. ebd. S. 2) vergeben kann, da seine "Interpretation" nicht durch die Studienergebnisse gedeckt ist.

Auch im Fall der Studie von Speck-Hamdan et al. (2016) erweist sich die Ergebnisdarstellung von Brügelmann in der Kategorie "Schnelligkeit" als bewußte Täuschung der Leserschaft durch eine unwahre und irreführende Darstellung von Studienergebnissen.

5. Fazit: Strategische Lügen über vermeintliche Vorteile der Druckschrift - Ein bereits erprobtes Mittel zur Implementierung einer neuen Schulschrift in Deutschland?

Bilanziert man - beginnend mit der ursprünglich Artikelversion von Brügelmann (2015a) - sämtliche Fehler in seiner Veröffentlichung, so erstaunt die schiere Menge von Aussagen, die nachweislich unwahr oder falsch sind, oder als wissenschaftlich anzweifelbare Interpretation berechtigt in Frage gestellt werden müssen:

Unwahre oder erfundene Aussagen

Fehlerhafte Darstellungen

Stark tendenziöse und wissenschaftlich anzweifelbare Interpretation

Verwendung von grauer Literatur, die als verläßlicher empirischer Befund gewertet wird

Die mittlerweile in drei Kapiteln herausgearbeiteten Inkonsistenzen, tendenziösen Interpretationen und unwahren Darstellungen in Brügelmanns Artikel werten allesamt die Druckschriftschreibung auf oder Verdecken mögliche Vorteile des kursiven Schreibens. Dies legt unmissverständlich offen, dass er nicht einfach nur wissenschaftlich schlampig arbeitet, da ansonsten im Sinne eines unsystematischen Fehlers auch fehlerbehaftete Aussagen zu Ungunsten der Druckschrift zu erwarten sein sollte. Dies belegt schlüssig, dass Brügelmann höchst tendenziös veröffentlicht. Sein anscheinend stark ausgebildetes Interesse zur ″Profilierung von Entscheidungsalternativen″ (vgl. Brügelmann, 2015e: 5), scheint ihn dazu anzuregen, Studieninhalte einseitig und bis ins Gegenteil verfälscht darzustellen. Angesichts der Tatsache, dass Brügelmann sich selbst als verantwortlich agierender Fachkollege auffasst

„Oder man übernimmt als Fachkollege diese Verantwortung - und macht den Prozess der Reduktion und ihre Bedingungen aber transparent (...)“ (zit. ebd. S. 5)

muss ihm für seine Veröffentlichung »Von der Druckschrift zur persönlichen Handschrift« eine systematische Neigung zur Realitätsverkennung und eine nicht mehr gegebene kritische Distanz zum Untersuchungsgegenstand bescheinigt werden. Er beliefert seine Fachkollegen mit einer Darstellung zum Thema Druckschrift, die in den kritisierten Passagen als nicht belastbares Phantasieprodukt und sogar Lügengebilde beanstandet werden muss. Von verantwortlicher wissenschaftlicher Tätigkeit und fachkollegialer Verantwortungsübernahme kann bei Brügelmanns Veröffentlichung (2015:d) nicht ausgegangen werden.

In einer wissenschaftlichen Zeitschrift hätte Brügelmann mit einem derart schlechten wissenschaftlichen Standard und vereinseitigter Argumentation wohl keine Chance auf eine Veröffentlichung. Dieses Dilemma löst für ihn der Grundschulverband e.V., in welchem Brügelmann selbst als Referent für schulische Qualitätsentwicklung fungiert.

Nun kann Brügelmann mit den Ausführungen in diesem Kapitel ein weiteres Mal eine absichtsvolle Irreführung der Leserschaft bei der Darstellung von zwei weiteren Studien in seinem Artikel nachgewiesen werden. Die von ihm veröffentlichte tabellarische Zusammenfassung über vermeintlichen Vorteile des Druckschriftschreibens (vgl. Brügelmann 2015d: 2) mutiert dadurch hinsichtlich ihres Aussagewertes und ihrer Verläßlichkeit zur Farce. Es bleibt abzuwarten, ob der Vorstand des Grundschulverband als verantwortlicher Herausgeber oder Ulrich Hecker als verantwortlicher Redakteur auf die dargestellten problematischen Artikelaussagen reagieren werden.


An dieser Stelle erscheint mir besonders der nochmalige Hinweis (vgl. Kapitel Über die vereinfachte Ausgangsschrift) auf eine mögliche historische Paralleleentwicklung angebracht. Die in den 1980er Jahren betriebene Einführung der der Vereinfachten Ausgangsschrift wurde maßgeblich vom damaligen »Arbeitskreis Grundschule« (Vorläuferorganisation des jetzigen Grundschulverbandes e.V.) vorangetrieben. Auch damals wurden wissenschaftlich nicht haltbare Aussagen des damaligen Schrifterfinders Grünewald ungeprüft und unkritisch propagiert und übernommen (vgl. Topsch, 1996). 35 Jahre später scheint die »Projektgruppe Grundschrift« des Grundschulverbandes Hans Brügelmann als Agitator für die Argumentation pro Druckschrift Grundschrift gewonnen zu haben. Dieser entspricht diesem strategischen Ziel - offensichtlich frei von Skrupeln und in bester grünewaldscher Manier - durch die Veröffentlichung von Falschinformationen und tendenziösen Interpretationen anscheinend willig. Die potentiell Leidtragenden sind einerseits Lehrkräfte, die gutgläubig von der Verläßlichkeit und Belastbarkeit seiner Aussagen ausgehen. Die unmittelbar Betroffenen sind Grundschüler in Deutschland, die erneut mit einer völlig unzureichend konzipierten Schriftvariante konfrontiert sind, deren Implementation allem Anschein nach wiederum mit Hilfe von unwahren Tatsachen- und unbewiesenen Effizienzbehauptungen auf den Weg gebracht werden soll.

Literatur



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